> Die Michaelskapelle von 1901 bis 1912

Die Michaelskapelle 1901-1912

Die Zeiteinteilung zur Geschichte des Urheiligtums folgt der Einteilung in dem Buch von P. Heinrich Hug, Welt-Geschichte eines Heiligtums, erschienen im Patris-Verlag Schönstatt.

Die Informationen zur Geschichte Schönstatts und des Urheiligtums in den Jahren 1901 bis 1912 hat P. Hug verschiedenen Quellen entnommen, so zum Beispiel der Hauschronik des Studienheimes Schönstatt der Pallottiner. In dieser Hauschronik wird der Kauf des alten Klosters Schönstatt mit dem Michaleskapellchen durch die Pallottiner im Jahr 1901 berichtet.

Andere wichtige Quellen sind Berichte von Pater Schulte und Pater Kolb.

Die Pallottiner übernehmen das Kapellchen zunächst mit der Ausstattung der Familie Dorsemagen. In den folgenden Jahren verändern und vervollständigen sie die Inneneinrichtung. Sehr schnell nach dem Kauf muß ein Tabernakel auf dem Altar des Michaelskapellchens Aufstellung gefunden haben, denn das Allerheiligste befindet sich nach den Angaben von Pater Kolb sehr früh nach dem Kauf schon im Michaelskapellchen, allerdings nur bis zum September 1901.

Beim Kauf steht vorne der Altar der Familie Dorsemagen, der von den Patres von Anfang an benutzt werden kann. Er wird jedoch bald herausgenommen und ins alte Haus übertragen, so daß eine kurze Zeit kein Altar mehr im Kapellchen steht. Die hl. Messen werden den Herbst und Winter über in der neuen Hauskapelle des alten Hauses gefeiert. Das Kapellchen kann zu dieser Zeit auch noch nicht geheizt werden und eignet sich damit für den Gebrauch den Winter über auch nicht.

Im April 1902 zimmert ein Pallottinerbruder einen neuen Altar für das Kapellchen. Es geschah auf eine recht einfache Art. Später wird mehrfach, gerade auch durch Pater Kolb, dessen Primitivität erwähnt. Der Altar tat jedoch seinen Dienst bis 1934, als er durch einen neuen in wiederum barockem Stil ersetzt wurde. Der alte, primitive, hatte seine Aufgabe erfüllt und wurde auseinandergenommen, und die Bretter kamen „sang und klanglos“ auf den Speicher des Alten Hauses, wo ja nun die Marienschwestern, insbesondere die Anbetungsschwestern, wohnten. Eine von ihnen entdeckte später einen Zettel, der an einem der Bretter befestigt war. Es war ein regelrechtes Dokument mit der Aufschrift:

Dieser Altar wurde am 2. April 1902 gemacht
von dem ehrwürdigen Br. Josef Funken PSM
(Unterschrift:) Br. Anton Amon PSM.

Auf der Rückseite desselben Zettels steht zu lesen:

Gegenwärtig hier anwesende Patres und Brüder:

P. Zeus Oberer (und dann untereinander:)
P. Gerchsheimer, P. Lucas, P. Bührle,
Br. Giesler, Br. Helmprecht, Br. Funken,
Br. Amon, Br. Falk, Br. Schmitt, Br. Steudter,
Br. Mesius, Br. Dörner und 23 Studenten.

Der 1901 aus dem Kapellchen herausgeholte Altar, der dann in der Hauskapelle des alten Hauses als zweite Stelle für Zelebrationen diente, wurde 1912 nach oben in das neue Haus, nämlich in die Krankenkapelle transportiert.

Rechts und links in den Ecken des Kapellchens ist je ein Eckschränkchen eingepasst. Diese beiden hatten die Zeiten überdauert und wurden auch von der Familie Dorsemagen genutzt. Sie können 1901 von den Pallottinern übernommen werden. Sie bleiben im Kapellchen bis zur großen Renovation im April 1977, als sie entfernt und an einen Altmöbelhändler verkauft werden. Die Marienschwestern erwerben sie 1982 von diesem. Im Jahre 1988 geben die Schwestern diese Eckschränkchen dem Urheiligtum als „Leihgabe“ zurück, so daß von da an die altehrwürdigen Erinnerungsstücke wieder an ihrem ursprünglichen Ort stehen.

Herr Dorsemagen hatte eine Besonderheit geschaffen, nämlich eine Art Betschemel als Kommunionbank, welcher eine besondere Geschichte hatte.

Frau Huisgen, geb. Dorsemagen, erzählt 1940 sinngemäß folgendes:

Die Familie pflegte sonntags mit einer Pferdekutsche in der näheren Umgebung spazieren zu fahren. Auf einer solchen Spazierfahrt habe der Vater auf einem Speicher oder in einer Scheune eines Westerwald Dorfkirchleins „ein schönes, altes Stück“, eine Art Holzplatte mit barocker Verzierung entdeckt, erworben und nach Hause mitgebracht. Dieser Holzplatte habe er durch den Schreiner eine Stütze geben und sie so zurichten lassen, daß sie wie eine Art Kommunionbank aufgestellt werden konnte.

Die Pallottiner finden sie vor und stellen sie ebenfalls als Kommunionbank auf. Das ist an sich nur ein gewisser Notbehelf, denn nur je zwei Personen können jeweils knien und kommunizieren. Dennoch bleibt dieses Stück bis 1934 stehen und wird bis dahin aus Pietät nicht entfernt, weil es aus der ältesten Zeit stammt, genauer gesagt: weil es nach damaligem Sprachgebrauch aus der Gründungszeit des neuen Schönstatt stammte und die Heldensodalen des Ersten Weltkrieges gesehen hatte.

Zum Kapellchen selbst weiß auch Bruder Joseph Viedenz (1866-1946) später im Rückblick einiges zu berichten.

Im Jahr 1902 findet das Michaelskapellchen in der Hauschronik noch einmal Erwähnung. Im Jahr 1903 wird die Verlegung von Leitungen für das elektrische Licht berichtet. Die elektrischen Leitungen führten nicht nur ins Haus, sondern auch ins Michaelskapellchen, wie man auf zeitgenössischen Fotos sieht. In der Hauschronik gibt es darüber keinen Bericht, doch haben ehemalige Schüler immer wieder in heiterem Ton erzählt, wie diese Einrichtung manche Jungen dazu reizte, im Kapellchen einen Kurzschluß zu erzeugen. Pater Alexander Menningen schildert dies ebenfalls.

Nach den Eintragungen des Jahres 1902 findet die Michaelskapelle in der Hauschronik bis 1919 nach dem Ersten Weltkrieg keine Erwähnung mehr. Es werden viele Berichte geliefert über alle möglichen baulichen Maßnahmen, welche in der Ökonomie, in der Badeanstalt, in den Anlagen und an der Umfassungsmauer vorgenommen wurden. Die Michaelskapelle jedoch kommt nicht mehr vor, auch nicht in dem für ihr weiteres Schicksal entscheidenden Jahr 1914.

Die Kapelle hatte um 1900 keine Glocke.

Betschemel mit Wappen zweier Familien. Heute Altaraufbau.

Ehemaliges Konventsgebäude der Augustinerinnen.

Ab 1903 elektrischer Strom